Die Meerbruchswiesen an Westufer des Steinhuder Meeres mutieren gerade zu einem großen „Umschlagplatz“ für arktische Gänse. Um die 10.000 Blessgänse und einige Dutzend Saatgänse waren neben rund 1.000 Graugänse heute zu sehen. Nachmittags saßen fast 2.000 Blessgänse direkt vor der zweiten Beobachtungshütte und badeten in dem davor liegende Tümpel oder fraßen auf der Wiese. Es ist spannend, die Familien (Jungvögel sind noch bei Ihre Eltern und u. a. an der fehlenden Blesse zu erkennen) zu beobachten. Es gibt dominante, die andere verscheuchen, und weniger dominante, die sich lieber aus dem Staub machen, wenn die Raufbolde kommen. Jungenlose Paare oder Einzeltiere (wenige) haben nicht viel zu melden.
Ansonsten sind in den Meerbruchswiesen nun regelmäßig wieder Kornweihen zu sehen, die Seeadler bauten bereits wieder an ihrem Nest (verschiedene Beobachter).
Mittlerweile tut sich auch etwas am Ostufer. Unter dem kritischen Augenpaar eines Seeadlers begannen am gestrigen Donnerstag die Pflegearbeiten. Die drei Bilder zeigen wie effektiv die Pistenraupe allein heute im Bereich des Ostturmes gearbeitet und Weiden, Erlen und Birken entfernt hat. Es war höchste Eisenbahn, in den nächten Jahren wäre die Sicht wohl komplett zugewuchert. Nun wird wieder Raum für das Röhricht und für die in der Region einzigartigen nährstoffarmen Sümpfe und der damit verbundenen Fauna und Flora hergestellt.
Die Pflegearbeiten sind die ersten dieser Art seit mindestens 20 Jahren. Das macht die Sache nicht leicht, denn die aufgewachsenen Gehölze sind bereits sehr dick und hoch. Die einzige sinnvolle und machbare Möglichkeit der Gehölzentfernung ist das Mulchen mit der Pistenraupe. Nur solch ein Gefährt kann auf dem sumpfigen und nassen Boden fahren, und das auch nur in dieser Jahreszeit. Mit in Kürze steigendem Wasserstand im Steinhuder Meer wird das Schutzgebiet schon bald unbefahrbar und unbegehbar sein.
Solch eine Pistenraupe mit ihren sehr breiten Ketten sackt übrigens weniger tief im Sumpf ein als ein Fußgänger, den der Bodendruck pro Quadratzentimeter ist tatsächlich geringer.
Was versprechen wir uns von der Maßnahme?
Nun, viele seltene und europaweit gefährdete Tiere und Pflanzen sind in den letzten Jahren am Steinhuder Meer selten geworden oder gar verschwunden. Plakative Beispiele für verschwundene Arten sind Drosselrohrsänger und Rohrdommel. Abgenommen haben z. B. Kreuzotter, Rohrweihe und Bekassine (ein kleiner Schnepfenvogel). Vor 15 Jahren haben noch im Bereich des Ostturmes bis zu 5 Paare der in Niedersachsen vom Aussterben bedrohten Bekassinen gebalzt! 2011 gab es im NSG Ostufer Steinhuder Meer keine einzige mehr. Heute gibt es sie nur noch in den Meerbruchswiesen und vereinzelt im Wunstorfer Moor.
Lassen wir die Gebüsche wachsen, profitieren fast ausschließlich Tiere und Pflanzen, die überall noch recht häufig sind. Außerdem – betrachtet man die Gesamtgehölzkulisse in den Naturschutzgebieten am See – entfernen wir die Gehölze nur auf einerm kleinen Flächeanteil – eben zu Gunsten von seltenen und von Spezialisten besiedelten Lebensräumen.
Wir wollen vor allem diese selten gewordenen Tiere und Pflanzen wieder zurückgewinnen und ihnen einen Lebensraum bzurückgeben, den sie auch woanders nicht mehr finden können.Sie werden vom Turm aus im nächsten Jahr die Tiere beobachten und eine freie Sicht genießen können.
Thomas Brandt