Die Webcams haben wieder einmal gezeigt, wie unglaublich spannend und ereignisreich es in einer kleinen Kolonie der grazilen und hübschen Flussseeschwalben zugeht. Manchmal ist es sogar richtig nervenaufreibend, denn Friede-Freude-Eierkuchen ist hier zumindest nicht das Standardprogramm.
Da über die Webcams immer nur ein Teil der Kolonie zu sehen ist und die Brutzeit sich dem Ende nähert – jaja – ein Paar hat noch kleine Küken, die erst vorgestern geschlüpft sind – möchten wir an dieser Stelle noch ein paar Fakten nachliefern:
Die in Niedersachsen stark gefährdeten Seeschwalben brüten am Steinhuder Meer auf drei Flößen, die wir nach und nach ab 2012 gebaut haben. In diesem Jahr haben wir die Flöße vor der Brutzeit baulich verändern müssen, um den Waschbären, die 2016 sämtliche Gelege von 25 Paaren aufgerieben haben, einen Streich zu spielen. Das ist auch gelungen und bis jetzt haben wir keinen Verlust durch Beutegreifer feststellen müssen.
Auf einem – dem größten – Floß befinden sich die beiden Webcams. und somit haben wir von diesem auch verlässliche Daten über diesen Teil der Kolonie. Auf dem – nennen wir es mal – Kamerafloß brüteten 12 Paare. 10 Paare hatten bereits am 07. Juni ein Gelege. Alle diese 10 Paare haben erfolgreich Jungvögel aufgezogen – insgesamt genau 25! Diese sind in den letzten zwei Wochen flügge geworden und sind noch in der Nähe des Floßes oder darauf zu sehen. Man erkennt sie an der unvollständigen schwarzen Kopfkappe und den bräunlichen Querstreifen auf den Flügeln. Na klar – und natürlich an den ewig offenen Schnabel und an den Bettelrufen. Ansonsten sehen sie Ihren Eltern schon recht ähnlich.
25 Jungvögel – trotz Wind und Wetter – das ist ein ganz hervorragendes Ergebnis und zeigt, wie nahrungsreich die Umgebung ist. Ein weiteres, elftes Paar begann am 19.6. mit der Eiablage, gab das Gelege am 27.06 auf. Die Gründe kennen wir nicht. Der späte Eiablagetermin lässt ein junges Paar vermuten, denn Flussseeschwalben brüten meist erst mit etwa 3-4 Jahren erstmalig und dann ist der Bruterfolg meist gering, und oft werden die Gelege aufgegeben – so wie es bei uns der Fall war.
Überraschend tauchte dann noch später, am 04. Juli, ein zwölftes Paar auf und begann mit der Brut (in der Kameranormaleinstellung recht weit hinten links zu sehen, neben dem „Häuschen“). Ob es sich um ein Paar mit Ersatzgelege handelt oder auch ein junges Paar, das wissen wir nicht. Sie haben seit zwei Tagen Jungvögel und wir hoffen, dass diese auch groß werden. Oder vielleicht schlüpft sogar noch ein Geschwisterchen …
Auch auf den anderen beiden Flößen tat sich was. Nur: die Flöße sind jetzt mit Hilfe einer Blechmanschette zwar waschbärsicher, diese verhindern aber die Sicht auf die Flöße und man sie deswegen nicht mehr so einfach kontrolllieren. Ungefähr 10 weitere Paare sind auf den beiden anderen Flößen und dürften eine ähnliche Zahl flügger Jungvögel/Paar aufgezogen haben wie ihre Koloniemitbewohner. Wir gehen also davon aus, dass etwa 45-50 Jungvögel bislang die Flöße verlassen haben. Das ist genial und kompensiert auch den Brutausfall des letzten Jahres. Es kompensiert übrigens auch unseren Frust aus dem letzten Jahr 😉
Ein tolles Seeschwalbenjahr nähert sich also dem Ende. Aktuell sind die Vögel samt Nachwuchs an vielen Stellen auf dem Steinhuder Meer zu sehen. Die Jungvögel werden oft auf den Bojen und Reusenpfählen gefüttert. Bis Ende August werden uns die meisten verlassen haben. Den Eltern und auch den Jungvögeln steht eine lange Reise bevor, denn die Überwinterungsgebiete liegen entlang der westafrikanischen Küste. Wenn alles gut geht, sehen wir die Eltern im nächsten Jahr wieder bei uns, denn Flussseeschwalben können über 20 Jahre alt werden und kehren meist an bewährte Brutplätze zurück. Den Nachwuchs sehen wir hoffentlich auch wieder – vielleicht schon übernächstes jahr als so genannte Prospektoren, also noch nicht brütende Vögel, die sich schon mal nach einem Brutplatz umschauen (herzlich willkommen!) oder in drei oder vier Jahren als Brutvogel in unser kleinen und hoffentlich noch wachsenden Kolonie.
Bis dahin alles Gute, liebe Seeschwalben und Beobachter!